Lernziele im Geographieunterricht formulieren

Dieser Leitfaden soll eine kleine Hilfe bieten, insbesondere im Studium und im Referendariat Lernziele im Geographieunterricht richtig zu formulieren.

Arten von Lernzielen

Rinschede 2020, S. 135/136 nennt fünf Arten von Lernzielen:

  • kognitive Lernziele (beziehen sich auf das Wissen und Erkenntnisse)
  • instrumentale/instrumentelle Lernziele (beziehen sich auf geographische Arbeitsweisen und Fachmethoden, d.h.Informationsbeschaffung, Informationsdarstellung und Informationsauswertung)
  • affektive Lernziele (beziehen sich auf Gefühle, Einstellungen und Werthaltungen)
  • soziale Lernziele (beziehen sich auf Zwischenmenschliche Verhaltensweisen)
  • aktionale Lernziele (beziehen sich auf Änderungen im konkreten Handeln)

Formulierung von Lernzielen

Lernziele müssen laut Rinschede 2020, S. 138/139 eindeutig und konkret Aussage darüber geben, was im Unterricht gelernt werden soll. Diese Operationalisierung von Lernzielen zielt auf eine eindeutige Überprüfbarkeit der Lernziele ab. Operationalisierte Lernziele im kognitiven Bereich weisen mehrere Komponenten auf:

  • Inhalt: Was soll gelernt werden?
  • Endverhalten: Welcher konkrete Operator führt zum gewünschten Endverhalten?
  • Bedingungen/Mittel: Welche Bedingungen (z. B. welche Medien) führen zum gewünschten Endverhalten?
  • Bewertungs-/Beurteilungsmaßstab: Wie kann die Qualität des Endverhaltens bewertet werden? Diese Komponente kann im Geographieunterricht in der Regel entfallen, da selten ein Bewertungsmaßstab für eine ausreichende Leistung klar definiert werden kann.

Ein kognitives Lernziel in einer Unterrichtsstunde zur Entstehung und Auswirkungen von Tsunamis könnte daher beispielsweise lauten:

Die Schüler/-innen sollen …

  • die Entstehung eines Tsunamis (= Inhalt)
  • mithilfe eines Videos (= Mittel)
  • beschreiben (= Endverhalten)
  • und mindestens vier Begriffe korrekt der Abbildung auf dem Arbeitsblatt zuordnen (= Bewertungsmaßstab; kann aber in der Regel entfallen).

Affektive und soziale Lernziele sind in der Regel nicht so klar operationalisierbar, da bspw. die veränderte Wertehaltung eines Schülers nicht messbar ist.

Für ein affektives Lernziel in einer Unterrichtsstunde beim Thema Braunkohle sollte daher im Normalfall folgende Formulierung ausreichend sein:

  • Die Schüler/-innen entwickeln Neugier und Interesse für das Thema „Braunkohle“, indem sie einen Tagebau im Rahmen einer digitalen Exkursion besuchen.

Die Operatoren in der Komponente Endverhalten sollten in einer Unterrichtsstunde im Optimalfall allen drei Anforderungsbereichen entnommen sein.

Kompetenzen und Kompetenzbereiche

Die nationalen Bildungsstandards für das Fach Geographie, welche von der Deutschen Gesellschaft für Geographie beschreiben die Kompetenzen, über die die Schüler/-innen nach einem bestimmten Ausbildungsabschnitt verfügen sollen. Als Kompetenzen versteht man dabei „die bei Individuen verfügbaren oder durch sie erlernbaren Fähigkeiten und Fertigkeiten, um bestimmte Probleme zu lösen, sowie die damit verbunden motivationalen, volitionalen und sozialen Bereitschaften und Fähigkeiten, um die Problemlösungen in variablen Situationen erfolgreich und verantwortungsvoll nutzen zu können (Weinert 2001, S. 27 in Kestler 2020, S. 63).“

Kestler 2020, S. 63 argumentiert, dass sich der Kompetenzbegriff nicht wesentlich vom Lernzielbegriff unterscheidet, wenn man Ziele als Qualifikationen versteht, um Lebenssituationen zu meistern. Kompetenzen sollen jedoch über einen längeren Zeitraum (bis zu mehreren Jahren) hinweg mithilfe verschiedener Inhalte entwickelt werden. Lernziele dahingegen werden in einem Unterrichtsabschnitt erreicht.

So können beispielsweise für die Kompetenzerwartung „die Schülerinnen und Schüler erläutern den grundlegenden Einfluss von Naturfaktoren und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen auf die Nutzung ländlicher Räume in verschiedenen Klimazonen“ im LehrplanPLUS Bayern 7. Klasse Gymnasium leicht rund acht Unterrichtsstunden anfallen. Andere im LehrplanPLUS formulierte Kompetenzerwartungen sind jedoch auch in kürzerer Zeit zu erreichen.

Angelehnt an den KMK-Bildungsstandards für andere Fächer werden in Geographie sechs Kompetenzbereiche formuliert:

FachwissenDie Fähigkeit, Räume als Systeme zu erfassen und Wechselbeziehungen zu Mensch und Umwelt zu analysieren.
Räumliche OrientierungDie Fähigkeit, sich im Raum zu orientieren (topographisches Orientierungswissen, Kartenkompetenz, Orientierung in Realräumen und Reflexion der Raumwahrnehmung).
Erkenntnisgewinn/MethodenDie Fähigkeit, relevante Informationen zu gewinnen und auszuwerten.
KommunikationDie Fähigkeit, Sachverhalte zu verstehen, zu versprachlichen und zu präsentieren.
Beurteilung/BewertungDie Fähigkeit, raumbezogene Sachverhalte und Probleme, Informationen beurteilen zu können.
HandlungDie Fähigkeit und Bereitschaft, natur- und sozialraumgerecht handeln zu können.
Kompetenzbereiche des Faches Geographie; gekürzt nach DGfG 2014

Steht die Schulung von Kompetenzen und nicht von Lernzielen im Fokus einer Unterrichtsstunde, kann also ggfs. auch in die oben genannten sechs Kompetenzbereiche anstelle der fünf Arten von Lernzielen differenziert werden. Zu beachten ist dabei auch, dass zwischen den Kompetenzbereichen weitreichende Verflechtungen stattfinden. So muss Fachwissen schließlich auch kommuniziert werden (vgl. Kestler 2020, S. 63/64).

Quellen

Deutsche Gesellschaft für Geographie (DGfG) 2014: Bildungsstandards im Fach Geographie für den Mittleren Schulabschluss. Bonn.

Kestler, F. (2020): Einführung in die Didaktik des Geographieunterrichts. 3. Aufl., Bad Heilbrunn.

Rinschede, G. & Siegmund, A. (2020): Geographiedidaktik. 4. Aufl., Stuttgart.

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