Glaziale Erosion – Kleinformen und Großformen

Bei den glazialen Erosionsformen unterscheidet man Klein– und Großformen. Während zu den Kleinformen u.a. Parabelrisse und Sichelbrüche zählen, ordnet man den Großformen Trogtäler, Fjorde, Kare und Zungenbecken zu.

Der aus dem Englischen stammende Begriff abrasion bezeichnet die Erosion von Gletschern auf einem Gletscherbett aus Gestein.
(Baumhauer et. al. 2017, S. 106)

Es gibt zwei Ursachen für Erosion im Verbreitungsgebiet der Gletscher.

Zum einen übt das fließende Eis eine Schubspannung auf den Untergrund aus. Das Verhältnis der Schubspannung zur Scherfestigkeit (d.h. der Widerstandskraft) des überfahrenen Materials sowie die Schuttführung der Gletscherbasis bestimmen maßgeblich die Abtragungsrate. Die Schubspannung wächst mit dem Winkel der inneren Reibung und der Eismächtigkeit.

Zum anderen fließen am Grunde der Gletscher Schmelzwässer, welche oft unter hydrostatischem Druck stehen. Hier wirkt dann die sog. subglazifluviale Erosion. Das Schmelzwasser setzt die Schubspannung herab.

Glaziale Kleinformen

An der Gletscherbasis wirken festgefrorene Gesteinspartikel (bis zur Blockgröße) auf den Felsuntergrund ein, wodurch Gesteinsfragmente absplittern.

Es entstehen glaziale Mikroerosionsformen wie Gletscherschrammen, Parabelrisse und Sichelbrüche. Man bezeichnet diesen Einzelprozess auch als striation.

Glaziale Großformen

Kare

Bei Karen handelt es sich um „amphiteaterförmige, halboffene Hohlformen mit steilen Rück- und Seitenwänden.(Baumhauer et. al. 2017, S. 106)

Kare entstehen aus Quellmulden, in welchen Firn und Eis leicht akkumuliert werden kann. Mit zunehmender Last beginnt das Eis schließlich zu fließen und transportiert das Gesteinsmaterial weg. Daraufhin entwickelt sich im Grenzbereich von Eis und Gestein eine Spalte, der sog. Bergschrund.

Als Karschwelle bezeichnet man die hangabwärtige Öffnung der Mulde, welche auf Gefälleunterschiede bereits vor der Eisakkumulation zurückgeht.

Nach Abschmelzen des Eises bildet sich im übertieften Becken ein Karsee.

Trogtäler

Trogtäler sind charakteristisch für ehemals stark vergletscherte Hochgebirge wie die Alpen. Hier werden fluvial geformte Täler durch glaziale Prozesse in charakteristischer Weise überprägt und durch Erosionsprozesse verändert. In der Folge bekommt ein Kerbtal, welches im Zuge einer Vergletscherung der glazialen Erosion unterliegt, nach Abschmelzen des Eises ein parabelförmiges (U-förmiges) Querprofil.

Durch postglaziale, fluviale Akkumulation im Bereich des Talbodens kann sich dieses parabelförmige Tal schließlich zu einem trogförmigen Tal weiterentwickeln.

Trogtäler sind gegliedert in Schwellen (Riegel), Wannen und Becken. Die Treppung ist auf die Veränderung der Eismächtigkeit und der Erosionskraft des Gletschers im Laufe der Zeit zurückzuführen.

Im Becken können sich nach der Vergletscherung Trogwannenseen und Beckenseen bilden.

Hängetäler

Hängetäler werden gebildet, wenn ein Nebengletscher aus einem Seitental in das Haupttal einmündet. Da die Erosion des Hauptgletschers stärker ist, wird das Haupttal stärker eingetieft als das Seitental. In der Folge kann der Talboden des Seitentals an der Talwand des Haupttals hängen.

Aus den höher gelegenen Nebentälern stürzen dann häufig Wasserfälle in das Haupttal hinab.

Auf der rechten Seite des Bildes sieht man ein Hängetal mit Wasserfall im Yosemite Valley

Fjorde

Als Fjorde bezeichnet man „glazial überformte Täler vergletscherter Küstengebirge, die im Rahmen des Meeresspiegelanstiegs nach der letzten Glazialzeit überflutet wurden.(Baumhauer et. al. 2017, S. 108)

Fjorde reichen typischerweise als Meeresarme weit ins Landesinnere und sind durch einen seewärts wandernden Talgletscher entstanden. Fjorde findet man unter anderem an den Küsten Norwegens, Kanadas und der Südinsel von Neuseeland.

Ein Fjord in Norwegen

Zungenbecken

Zungenbecken entstehen, wenn Lockermaterial als wannenartige Übertiefung im Bereich ehermaliger Gletscherzungen erodiert. Der ehemalige Gletscherboden wird dadurch eingetieft.

Zungenbecken werden durch Endmoränenwälle begrenzt, welche auch die Beckenform betonen. Nach Abschmelzen des Eises kann es zur Bildung von Zungenbeckenseen oder Mooren kommen. Ein Beispiel für einen Zungenbeckensee ist der Ammersee in Bayern.

Quellen

Roland Baumhauer, Brigitta Schütt, Steffen Möller, Christof Kneisel, Elisabeth Tressel (2017): Einführung in die Physische Geographie (Geowissenschaften Kompakt). Nürnberg.

Zepp, H. (2008): Geomorphologie: Grundriss Allgemeine Geographie. 4. Aufl., Stuttgart.

Rainer Glawion, Rüdiger Glaser, Helmut Saurer, Michael Gaede, Markus Weiler (2009): Physische Geographie. 2. Aufl. Braunschweig.