Das rohstoffarme Deutschland verfügt nur über einen fossilen Energierohstoff, der in großen, wirtschaftlich gewinnbaren Mengen vorliegt – die Braunkohle. Hier ist Deutschland Selbstversorger und weist Vorräte auf, welche bei konstanter Förderung noch für rund 230 weitere Jahre reichen würden¹.
Mit dem Rheinischen, dem Mitteldeutschen und dem Lausitzer Revier gibt es derzeit in Deutschland drei relevante Braunkohlenlagerstätten. Dabei ist das Rheinische Revier mit einer Förderung von 86,3 Millionen Tonnen pro Jahr vor dem Lausitzer Revier (60,7 Mio. t) und dem Mitteldeutschen Revier (19,2 Mio. t) das bedeutendste Braunkohlerevier der Bundesrepublik.²
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Die Funktionsweise eines Tagebaus
Im Rheinischen Revier findet man mit den Tagebauen Garzweiler, Hambach und Inden aktuell drei Großtagebaue. Sie werden vom Energieversorger RWE betrieben. Jeder Tagebau ist terrassenförmig angelegt. Die Kohle wird überwiegend in den unteren Terrassen (Sohlen) gewonnen. Dort tragen bis zu 240 Meter lange und 96 Meter hohe Schaufelradbagger sowohl Abraum (über der Kohle liegende Schichten aus Löß, Sand, Kies, Ton) als auch Kohle ab (Abbauzone).

Der abgetragene Abraum wird über Förderbänder auf die gegenüberlegende Seite des Tagebaus befördert und dort von den sog. „Absetzern“ aufgeschüttet (Verkippungszone). Auf diese Weise wandert der Tagebau im Laufe der Zeit.³ Die Kohle wird schließlich, ebenfalls über Förderbänder bzw. Gleise, in die nahegelegenen Braunkohlekraftwerke und Veredlungsbetriebe transportiert.
Die Nutzung der Braunkohle
In der Verstromung liegt nach wie vor die zentrale Bedeutung der Braunkohle: zwischen 2000 und 2018 lag der Anteil der Braunkohle an der Bruttostromerzeugung Deutschlands konstant bei rund 25 Prozent, um 2019 auf 19 Prozent zurückzugehen.⁴
Hintergründe dieser Entwicklung sind die Energiewende Deutschland mitsamt dem Ausstieg aus der Atomenergie und dem verstärkten Einsatz erneuerbarer Energien, welche durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) gefördert werden. Dadurch wird garantiert, dass Strom aus erneuerbaren Quellen bevorzugt ins Stromnetz eingespeist wird.

Zusätzlich verteuern jährlich steigende Preise für CO2-Zertifikate den Strom aus fossilen Rohstoffen. Ausgehend von den CO2-Zertifikatspreisen im Jahr 2018 handelt es sich bei Braunkohle dennoch um einen der günstigsten Energieträger zur Stromerzeugung.⁵ Am 03. Juli 2020 beschlossen Bundestag und Bundesrat den Ausstieg aus der Kohleverstromung bis zum Jahr 2038. Mit dem Kohleausstieg versucht die Bundesregierung, die Ziele des Pariser Klimaschutzabkommens einzuhalten und bis 2050 klimaneutral zu werden.
Neben der Verstromung wird die Braunkohle auch in der Veredlung genutzt. Die Veredlung nimmt insgesamt jedoch eine untergeordnete Rolle ein: Bei einer gesamtdeutschen Förderung von 185,4 Mio. t Braunkohle im Jahre 2013 wurden 166,3 Mio. t in den Kraftwerken verheizt und 18,1 Mio. t für die Veredlung genutzt. Mit einer Erzeugung in Höhe von 4 Mio. t. spielt Kohlenstaub hierunter die wichtigste Rolle. Weiterhin relevant sind Koks und Briketts.⁶
Ökologische Folgen des Braunkohleabbaus
Zwar ermöglicht die Braunkohle eine stabile und importunabhängige Stromversorgung Deutschlands, jedoch trägt sie auch maßgeblich zu den CO2-Emissionen Deutschlands bei. 50 Prozent aller CO2-Emissionen der deutschen Stromproduktion sind auf die Braunkohle zurückzuführen.⁷
Die Anwohner im näheren Umkreis der Tagebaue klagen zudem über eine hohe Staubbelastung, insbesondere bei Wind und Sturm.⁸ Für die Errichtung der Tagebaue ist ein enormer Flächenverbrauch notwendig.
So kommt es neben der Zerstörung von Agrarflächen u.a. auch zur Rodung von Waldstücken (z. B. Hambacher Forst). Hierbei handelt es sich um die Zerstörung gewachsener Ökosysteme mit mitunter vom Aussterben bedrohten Tierarten, wie der Bechsteinfledermaus, welche den Hambacher Forst mit zwei Kolonien bewohnt.⁹

Daraus resultieren Konflikte zwischen Umweltaktivisten auf der einen und Anhängern der Braunkohle bzw. der Polizei auf der anderen Seite, welche 2018 im Rahmen der Räumung der Baumhausdörfer im Hambacher Forst eskalierten.
Umsiedlungen
Auch erfordert der Braunkohleabbau die Umsiedlung ganzer Dörfer. Seit den 1950er Jahren wurden im Rheinland rund 40.000 Menschen umgesiedelt.¹⁰ Zwar ist RWE gesetzlich verpflichtet, Ausgleichszahlungen zu leisten, jedoch entsprechen diese mitunter nicht den Vorstellungen der Betroffenen.¹¹

Zudem bedeutet die Umsiedlung den Verlust von Heimat und des sozialen Gefüges. Vor der Umsiedlung kommt es zu allmählicher Verödung der Ortschaften, da aufgrund fehlender Perspektiven potenzielle Kunden bzw. Investoren Abstand nehmen. Auf der anderen Seite kann es sich bei den neuen, am Reisbrett geplanten Dörfern jedoch gegebenenfalls um lebenswerte Orte handeln, welche infrastrukturell hervorragend erschlossen sind.
Grundwasserabsenkung
Um die Kohle in Tiefen von bis zu 400 Metern abzubauen, muss permanent das Grundwasser abgepumpt werden, welches ansonsten in den Tagebau einsickern würde. Man spricht hierbei von „Sümpfung“. Das Wasser wird anschließend in die Vorfluter in der Region geleitet. Die Grundwasserstände werden dadurch im weiten Umkreis beeinflusst. In einem Radius von bis zu 20 Kilometern kommt es zur Absenkung des Grundwassers, welches Feuchtgebiete und Wälder nachhaltig schädigen kann.¹² RWE versucht, diesen Nachteilen mit Renaturierung und Ausgleichsmaßnahmen entgegenzuwirken.

Die Rekultivierung als Maßnahme zur Wiedernutzbarmachung zerstörter Flächen
Um die negativen Auswirkungen des Tagebaus auszugleichen, sieht das Bundesberggesetz vor, dass die Energieversorger die Wiedernutzbarmachung der zerstörten Flächen nach dem Ende des Braunkohleabbaus sicherstellen. Man spricht hierbei von Rekultivierung. Darunter fällt die landwirtschaftliche Wiedernutzbarmachung, die Umwandlung der Tagebaulöcher in Wasserflächen und Seen sowie in Naherholungsgebiete, die Aufforstung des Areals, der Bau von Industrieanlagen oder auch die Nutzung der Tagebaurestlöcher als Deponien für Hausmüll, Kraftwerksasche oder Sondermüll.¹³
Die Rekultivierung birgt eine Vielzahl an Chancen, jedoch auch Risiken für die Region. So zielt die Kritik u.a. darauf ab, dass durch die Abtragung der Lößschichten die Qualität der Neuböden stark beeinträchtigt ist, es unweigerlich zu Verlusten an natürlicher Artenvielfalt kommt und gefährdete Tierarten den Verlust an Lebensraum nicht überstehen.
Ein weiteres Problem ist die sog. „Verockerung“ der neu geschaffenen Tagebauseen, welche sich in einer Verschlammung der Gewässer äußert.¹⁰ Die Rekultivierung bietet also zahlreiche Chancen und Risiken.
Quellen
¹ Korby, W., Kreus, A., von der Ruhren, N. (2014): Fundamente – Geographie Oberstufe. Stuttgart.S. 171.
² DEBRIV [Hrsg.] (2018): 10 Fakten rund um die Braunkohle. Köln.
³ Westermann [Hrsg.] (o. J.): Profil durch einen Tagebau. Braunschweig.
⁶ DEBRIV [Hrsg.] (2013): Braunkohle in Deutschland – Profil eines Industriezweigs. Köln.
⁷ Haug, C. (2018): Braunkohle: Stromversorgung und Umweltschäden. Leipzig.
⁸ Tillmanns, G. (2019): Bürger leiden unter dem Tagebau-Dreck. Düsseldorf.
¹⁰ BUND Brandenburg [Hrsg.] (o. J.): Gewässerverschmutzung durch Tagebaue. Potsdam.
¹¹ Först, M. (2019): „RWE zerstört gerade, wie wir in Zukunft leben sollten. Düsseldorf.
¹³ Kolb, H. J. (o. J.): Rheinisches Braunkohlerevier – Landschaftswandel. Braunschweig.
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