Periglaziale Prozesse – Kryoturbation und Solifluktion

Kryoturbation – Definition

Als Kryoturbation bezeichnet man „die durch frostdynamische Prozesse bedingten Bewegungen, Materialverlagerungen und Sortierungsprozesse.“ (Baumhauer et. al. 2017, S. 119)

Es handelt sich um Bodenbewegungen, die beim Gefrieren und Wiederauftauen der obersten Bodenschicht im Gebiet der Permafrostböden und bei saisonalem Frost auch im Bereich der Mittelbreiten auftreten.

Durch die Volumenänderung beim Wechsel des Aggregatzustandes des Wassers im Boden entstehen kryostatische Drucke. Diese wiederum führen zu vertikalen (Frosthebung) und lateralen (Frostschub) Materialbewegungen. Durch diese Hebungs- und Senkungsvorgänge verformen sich die Sediment- und Bodenschichten.

Kryoturbation – Frostmusterstrukturen

Das Resultat aus Frosthebung und Frostschub sind Frostmusterstrukturen.

Frostmusterstrukturen können sein:

  • nicht-sortierte, Feinerdekreise, Feinerdenetze, nicht-sortierte Polygone: bei skelettarmen Material, ohne deutliche Materialsortierung
  • sortierte Steinringe, -polygone, -netze: bei skelettreichen Böden
Ein Feld voller sortierter Steinringe
Bildquelle: https://royalsocietypublishing.org/doi/full/10.1098/rsta.2012.0357

Das vertikale Anheben der Steine kommt in Detail dadurch zustande, dass während der sommerlichen Auftauphase (welche von Oben nach unten voranschreitet) das Feinmaterial durch die Volumenverkleinerung (gefrorenes Wasser hat ein höheres Volumen) nach unten rutscht, da die größeren Steine noch auf gefrorenem Substrat liegen. Im Endeffekt „wandern“ also keine Steine nach oben, sondern das Feinmaterial rutscht nach unten. Dadurch kommen jedoch immer mehr größere Steine nach oben.

Die Herausbildung von Ringen o.Ä. ist schließlich darauf zurückzuführen, dass beim winterlichen Gefrieren der kryostatische Druck und die Kompression der Oberfläche zur Aufwölbung von Teilflächen führen.

Solifluktion – Definition

Solifluktion bezeichnet „eine langsame, hangabwärts gerichtete Bewegung wassergestättigten Materials.(Baumhauer et. al. 2017, S. 120)

Hierbei wird die Wassersättigung durch eine stauende Schicht im Untergrund erreicht.

Solifluktion – Arten

Falls es sich um eine wasserundurchlässige Permafrosttafel handelt, spricht man von Gelifluktion. Dabei wird während der Auftauperiode das Schmelzwasser im Porensystem zurückgehalten. Es kommt zu einem Wasserstau und dem Aufbau eines positiven Porenwasserdrucks, was zur Überschreitung der materialspezifischen Fließgrenze führt. Dadurch kommt ein breiartiger Abfluss hangabwärts zustande.

In vegetationslosen Gebieten spricht man von freier oder ungebundener Solifluktion. Typische Formen einer ungebundenen Solifluktion sind Solifluktions- oder Hangschuttdecken, Schuttloben und Blockzungen, sowie Streifenböden.

Die Entstehung einer Solifluktionsdecke
Bildquelle: https://www.geocaching.com/geocache

Unter einer geschlossenen Vegetationsdecke spricht man dagegen von gebundener Solifluktion. Die Vegetationsdecke bremst hierbei die Bewegungsgeschwindigkeit. Die typischen Formen sind Solifluktionsloben und Solifluktionsterassen.

Quellen

Roland Baumhauer, Brigitta Schütt, Steffen Möller, Christof Kneisel, Elisabeth Tressel (2017): Einführung in die Physische Geographie (Geowissenschaften Kompakt). Nürnberg.

Zepp, H. (2008): Geomorphologie: Grundriss Allgemeine Geographie. 4. Aufl., Stuttgart.

Rainer Glawion, Rüdiger Glaser, Helmut Saurer, Michael Gaede, Markus Weiler (2009): Physische Geographie. 2. Aufl. Braunschweig.