Industrie- und Entwicklungsländer – Definitionen

Wie unterscheiden sich Industrie- von Entwicklungsländern?

Man kann (nach Bähr 2010, S. 102) drei Definitionsansätze unterscheiden:

  • die Definition im statistischen Sinne
  • ein  rein ökonomischen Entwicklungsbegriff
  • ein gesellschaftspolitischer Entwicklungsbegriff

Man muss jedoch auch beachten, dass „Industrieländer“ heute in der Regel nicht mehr von der Industrie, sondern vom Dienstleistungssektor geprägt sind.

Drei Definitionsansätze

Im statistischen Sinne

Bei der Definition im statistischen Sinne bezeichnet mal als Industrieländer (more developed countries) alle europäischen Staaten, einschließlich Russland, Nordamerika, Japan sowie Australien und Neuseeland.

Zu den Entwicklungsländern (less developed countries) zählt man alle Staaten Afrikas, Lateinamerikas, Asiens (bis auf Japan) sowie Ozeaniens (bis auf Australien und Neuseeland).

Ökonomischer Entwicklungsbegriff

Der ökonomische Entwicklungsbegriff versucht eine Unterscheidung anhand von wirtschaftlichem Wachstum. Wirtschaftliches Wachstum heißt aber nicht gleichzeitig auch Steigerung des Lebensstandards für die breite Masse der Bevölkerung (absolute Armut, Verteilung des Wachstums, Arbeitslosigkeit).

Die Weltbank ordnet Regionen Nationen nach ihrem Bruttonationaleinkommen (BNE; auf Englisch Gross National Income, BNI) pro Kopf und teilt sie in vier Klassen ein:

  • Low-income economies
  • Lower-middle-income economies
  • Upper-middle-income economies
  • High-income economies

Die Tabellen sind hier zu finden.

Folgende Karte zeigt das Bruttonationaleinkommen (BNE, bzw. GNI) pro Kopf 2018:

Countries by GNI (nominal) per capita in 2018.png
By User: JackintheBox“ CC BY-SA 4.0, Link

Am Bruttosozialprodukt pro Kopf sieht man auf internationaler Ebene die extremen Unterschiede hinsichtlich Wohlstand und Einkommen. Durch die Industrialisierung wird die Schere zwischen armen und reichen Ländern immer weiter geöffnet

Gesellschaftspolitischer Entwicklungsbegriff

Um auch politische, soziale und kulturelle Aspekte miteinzubeziehen, wurde der gesellschaftliche Entwicklungsbegriff begründet.

Dabei gibt es mehrere mögliche Indikatoren des Entwicklungsstandes. welche aber alle ihre Limitierungen haben. Hier eine Auswahl:

Anteil der Analphabeten

Der Anteil der Analphabeten an der Bevölkerung (Personen älter als 15 Jahre) zeigt die unterschiedlichen Bildungsniveaus auf der Erde. Die Schwäche dieser Betrachtung ist aber, dass einige ärmere Länder wie Thailand, Sri Lanka, und die Philippinen  ein hoch entwickeltes Schulsystem haben.

Erwerbstätigenquote von Frauen

Labor Force, Female (% Of Total Labor Force) 2016

Quelle: http://assets.pewresearch.org/

Die Frauenerwerbsquote ist ein wichtiger Indikator für die berufliche Stellung und allgemeine Rolle von Frauen im jeweiligen Land. Die Karte zeugt den Anteil von Frauen an allen Arbeitnehmern einer Nation.

Überraschenderweise findet man die höchste Quote an erwerbstätigen Frauen in der  Sub-Sahara (Quelle: Quartz Africa).

Die meisten Frauen dort arbeiten in informellen  Beschäftigungsverhältnissen. Viele Frauen von Haushalten, mit geringem Einkommen, in der Sub-Sahara brechen auch die Schule ab, um zu arbeiten. Die hohe Frauenerwerbsquote dort sagt also nichts über den Entwicklungsstand aus.

Definition nach dem Human Development Index

Wie man sieht, sagen also einzelne Faktoren wie die Analphabetenquote und die Frauenerwerbsquote für sich genommen wenig über den Entwicklungsstand einer Nation aus. Der Human Development Index (HDI) der UN berücksichtigt daher die Kombination von drei Dimensionen. Vgl. dazu den Eintrag Human Development Index.

Quelle

Jürgen Bähr (2010): Bevölkerungsgeographie. 5. Auflage, Heidelberg. 

World Bank Country and Lending Groups

https://qz.com/931253/the-highest-share-of-women-in-the-workforce-globally-are-found-in-these-african-countries/