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Experimente im Geographieunterricht – Beispiel Faltengebirge

Experimente im Geographieunterricht können eine wichtige Rolle spielen, um abstrakte Prozesse greifbar zu machen und Schüler für die komplexen Vorgänge unserer Erde zu begeistern. Von der Entstehung von Gebirgen bis hin zu den Prozessen der Erosion – Experimente schaffen eine Brücke zwischen Theorie und Praxis. Dieser Artikel stellt ein Experiment zur Entstehung von Faltengebirgen vor, wie es beispielsweise im Geographieunterricht der 5. Jahrgangsstufe eingesetzt werden könnte.

Warum Experimente im Geographieunterricht?

Experimente sind ein effektives Mittel, um Schüler nicht nur kognitiv, sondern auch emotional anzusprechen. Durch das aktive Handeln und Beobachten können sie komplexe geographische Prozesse besser nachvollziehen. Die Vorteile von Experimenten im Unterricht umfassen:

  • Anschaulichkeit: Abstrakte Prozesse wie Plattentektonik oder Erosion werden visuell und haptisch erfahrbar
  • Eigenaktivität: Experimente fördern das selbstständige Arbeiten und die Problemlösungsfähigkeit der Schüler
  • Vertiefung von Kompetenzen: Lernziele wie die Interpretation von Prozessen oder die Entwicklung von Hypothesen werden auf natürliche Weise integriert
  • Motivation: Experimente bieten eine Abwechslung vom „normalen“ Unterricht und wirken so motivierend

Experiment zur Entstehung von Faltengebirgen

Der Lehrplan der 5. Klasse in Bayern sieht u.a. die Entstehung von Faltengebirgen wie den Alpen. Das folgende Experiment zeigt sehr anschaulich, wie Gebirge durch die Konvergenz zweier Erdplatten entstehen. 

Welche Ziele verfolgt das Experiment?

  • Nachstellen der Entstehung von Faltengebirgen in einem Modelexperiment
  • Erklärung und Beschreibung der tektonischen Prozesse
  • Verbindung zwischen Modell und realen Gebirgsformationen herstellen

Welche Materialien werden benötigt?

  • Eine durchsichtige, längliche Wanne, zum Beispiel eine Backofenform
  • drei bis vier verschiedene Materialien als Sedimente, z. B. Sand, Erde, Mehl, Paniermehl
  • Zwei Kartons, Holz- oder Kunststoffbretter
  • Kleine Papierfossilien
  • Ein Föhn

Wie wird das Experiment durchgeführt?

Das Video zeigt die Durchführung des Experiments.

In folgenden Schritten läuft das Experiment ab:

  1. Die Plastikwanne wird mit nacheinander aufgetragenen Schichten aus Erde, Paniermehl und Mehl gefüllt. Am besten wird die Wanne nicht zu voll gemacht, sonst fällt viel Material oben heraus, wenn die Schichten zusammengeschoben werden.
  2. Auf die oberste Schicht werden die Papierfossilien (pink) verteilt und anschließend leicht bedeckt.
  3. Zwei Bretter werden an den Enden der Wanne positioniert. Das Brett aus „Süden“, also die afrikanische Platte, wird in Richtung der europäischen Platte geschoben. Beim Zusammenschieben bilden sich Wellen und Falten in den Schichten.
  4. Wird das Brett schneller oder mit mehr Kraft bewegt, entstehen größere, unregelmäßige Falten.
  5. Mit dem Föhn können die oberen Schichten „abgetragen“ werden, sodass darunterliegende Schichten sichtbar werden. Außerdem erkennt man gut, dass nun die „Fossilien“ an die Oberfläche treten. Beim Föhnen startet man am besten mit der niedrigsten Stufe, da sonst die Gefahr groß ist, das halbe Experiment wegzupusten.

Wie kann mit dem Experiment im Unterricht gearbeitet werden? 

Vor dem Experiment sollte mit der Klasse geklärt worden sein, dass sich auf dem Boden des Urmeers Tethys vor rund 180 Millionen Jahren u.a. die kalkhaltigen Reste toter Meerestiere, Geröll, Sand und Ton ablagerten. Diese Schichten verdichteten sich über Millionen von Jahre durch den hohen Druck der darüber liegenden Schichten.

Vor dem Versuch formulieren die Schüler Hypothesen, darüber, was passieren wird, wenn die Schichten zusammengeschoben und mit dem Föhn über die höheren Schichten geblasen wird. 

Während des Versuchs beobachten die Schüler genau, was beim Zusammenschieben der Platten passiert, was passiert, wenn die Geschwindigkeit variiert wird sowie was passiert, wenn die oberste Schicht geföhnt wird. 

Abschließend wird das Experiment interpretiert. Dabei übertragen die Schüler die Vorgänge aus dem Experiment in die Realwelt. Dabei stellen sie unter anderem folgendes fest:

  • Die Bretter entsprechen den Kräften der europäischen Platte und der Afrikanischen Platte, die sich vor rund 100 Millionen Jahren bewegen.
  • Durch das Zusammenschieben erfahren die Schichten Druck und werden verdichtet.
  • Die (Gesteins-)schichten wölben sich nach oben und bilden Falten → ein Faltengebirge, bei dem sich Gesteinsschichten gegenseitig überlagern, ist entstanden.
  • Der Föhn (= Erosion durch Wind) trägt obere Gesteinsschichten ab und legt tiefere Schichten, sowie die begrabenen Fossilien frei. Daher können wir heute bspw. in den nördlichen Kalkalpen verschiedene Fossilien finden.

Grenzen des Experiments

Auch wenn Experimente im Geographieunterricht viele Vorteile mit sich bringen, gibt es Grenzen, die bedacht werden müssen. Das hier beschriebene Experiment zur Entstehung von Faltengebirgen ist stark vereinfacht und kann die Komplexität der realen tektonischen Prozesse nur ansatzweise abbilden. In der Wirklichkeit wirken unzählige Faktoren wie Temperatur, Druckveränderungen und die chemische Zusammensetzung der Gesteine mit, die in einem solchen Modellexperiment nicht berücksichtigt werden können. So entstand am Südrand des Tethysmeeres zunächst eine Subduktionszone, an der der Ozeanboden abtauchte. Dies lässt sich im Experiment leider nicht abbilden. An den konvergierenden Plattenrändern schob sich anschließend die Afrikanische auf die Eurasische Platte, was im Experiment dargestellt wird.

Darüber hinaus kann die Nutzung von Materialien wie Sand, Erde und Brettern nur einen kleinen Teil der physikalischen und chemischen Eigenschaften von Erdkruste und Gesteinsschichten simulieren. So wird etwa die Rolle von Wasser oder die Wirkung von langanhaltendem Druck über Millionen von Jahren nicht realistisch dargestellt. Ein weiteres Problem besteht darin, dass Schüler durch die Modellhaftigkeit des Versuchs dazu verleitet werden könnten, die Ergebnisse des Experiments 1:1 auf die Realität zu übertragen, ohne die Unterschiede zu hinterfragen. Diese Tatsache sollte daher im Optimalfall im Unterricht kurz angesprochen werden.

Dennoch überwiegen die Vorteile. Trotz der genannten Einschränkungen bietet das Experiment wertvolle Einblicke und erleichtert das Verständnis von Grundprinzipien wie der Plattentektonik und der Gebirgsbildung. Es kann zur Erarbeitung einer komplexenThematik dienen und weckt (hoffentlich) das Interesse der Schüler, sich intensiver mit dem Thema zu befassen. Melden Sie mir gerne zurück, wie es geklappt hat und ankam!