Wie drei Städte den Herausforderungen der Zukunft begegnen

Nach Schätzungen der UN wächst die Weltbevölkerung in den nächsten 33 Jahren um 2,9 Milliarden. Mit einer Wahrscheinlichkeit von 95 % leben im Jahr 2100 13,2 Milliarden Menschen auf der Erde (2017: 7,6 Milliarden). Auch der Verstädterungsgrad wird ansteigen: leben 2018 noch 55 % der Weltbevölkerung in Städten, werden es bis 2050 laut UN bereits 68 % sein. Die drei Beispiele Kinshasa, Mexico City und Kopenhagen zeigen, mit welchen Herausforderungen drei Städte aus kulturell und wirtschaftlich unterschiedlichen Regionen angesichts des Bevölkerungszuwachses konfrontiert sind. 

Die Bevölkerungsprognosen basieren auf den Schätzungen von Hoornweg und Pope vom University of Ontario Institute of Technology und gehen von einem Szenario aus, bei dem es den Regierungen nicht gelingt, hohe Geburtenraten einzudämmen und bei dem sich die Verstädterung rasch vollzieht.

Kinshasa, DR Kongo

Bevölkerungszahl 2015: 12 Millionen
Bevölkerungszahl 2100: 83 Millionen
Bevölkerungszuwachs 2015 bis 2100: +70 Millionen
BIP pro Kopf DR Kongo 2017: 478 USD (#185)

Im Jahr 1940 wohnten „nur“ 450.000 Menschen in Kinshasa, der Hauptstadt der Demokratischen Republik Kongo. Heute sind es um die 12 Millionen Einwohner. Im Jahr 2100 können bis zu 83 Millionen Personen in Kinshasa leben. Das wären mehr Einwohner als Deutschland insgesamt hat.

Schon heute steht die Infrastruktur vor dem Kollaps und informelle Siedlungen breiten sich unkontrolliert aus.

Wie das Stadtbild im Jahr 2100 aussieht, lässt sich derzeit nicht voraussagen. Entscheidend wird sein, wie sich die wirtschaftliche Entwicklung der Region vollzieht – in der jungen Bevölkerungsstruktur der meisten afrikanischen Staaten steht eine Vielzahl potentiell erwerbsfähiger Personen nur wenigen Rentnern gegenüber (Quelle: theguardian.com)

Momentan konzentrieren sich die Geschäfte zu großen Teilen auf informellen Handel. Kleinhändler und Kleinunternehmen sorgen eine Mindestversorgung mit Produkten wie Getränken, Schuhen und Zigaretten. Zahlreiche weitere Güter des täglichen Bedarfs sowie viele Nahrungsmittel müssen jedoch importiert werden.

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In Kinshasa dominiert der informelle Sektor
Bildquelle: Irene2005 ; https://bit.ly/2sm816N

Seit letzter Zeit versucht die Regierung durch zahlreiche Joint Ventures, neue Wohnanlagen entstehen zu lassen. Für Wohlhabende entstehen zwei künstlich angelegte Inseln im Kongofluss. Im Rahmen der weiteren Stadtentwicklung Kinshasas soll eine Planungsgesellschaft aus Singapur einen Masterplan erstellen. Um dem Verkehrsinfarkt zu begegnen, werden neue Konzepte für den öffentlichen Personennahverkehr entworfen, wobei insbesondere private Investoren angelockt werden sollen.

Es scheint also, als seien sich die Verantwortlichen der Herausforderung der steigenden Bevölkerungszahlen durchaus bewusst und versuchen, Lösungen anzustreben. Um die Lebensbedingungen nachhaltig zu verbessern und das unkontrollierte Wachstum zu beherrschen, wird wohl langfristig entscheidend sein, ob es gelingt, den Anteil des informellen Handels zugunsten einer stärkeren Teilhabe an der Weltwirtschaft abbauen zu können.

Mexico City, Mexiko

Bevölkerungszahl 2015: 20 Millionen
Bevölkerungszahl 2100: 25 Millionen
Bevölkerungszuwachs 2015 bis 2100: +5 Millionen
BIP pro Kopf Mexiko 2017: 9.304 USD (#73)

Die Einwohnerzahl von Mexico City hat sich seit den 1970er-Jahren verdreifacht. Heute ist es die zweitgrößte Stadt der Welt, hinter Tokyo.

Mexico City hat trotz der Armut, die in manchen Vierteln der Stadt herrscht, einen recht erfolgreichen Weg genommen: die Analphabetenquote ist gering und die meisten Personen haben einen festen Wohnsitz. Die informellen Siedlungen am Rande der Stadt werden nach und nach renoviert (Quelle: theguardian.com).

Eine zentrale Herausforderung stellen jedoch die immer größer werden Umweltbelastungen der Megacity dar. Durch Autoverkehr und Fabriken kommt es häufig zu Smog, welcher angesichts der Topografie (Lage in einem Tal) noch verstärkt wird. 2016 gab es laut atmosphärischem Überwachungssystem in Mexico City nur 24 Tage mit sauberer Luft. Im Vergleich zu den 90-er Jahren ist dies aber ein großer Fortschritt – 1992 war die Stadt Spitzenreiter im Rating der am stärksten verschmutzen Städte weltweit.

Mit 14 Maßnahmen möchte die Regierung von Mexico City die Luftqualität verbessern und zum Klimaschutz beitragen. Dabei soll unter anderem der Straßenverkehr eingeschränkt werden (Quelle: zeit.de)

Eine weitere Herausforderung ist die Knappheit an (sauberem) Wasser.  1,25 Millionen Menschen in Mexico-Cty leben ohne fließendes Wasser, eine weitere Million hat nur eingeschränkten Zugriff. Gleichzeitig versickern jede Sekunde 12.000 Liter in Rohrrissen. Außerdem liegt mit 300 Litern pro Kopf der Wasserverbrauch in Mexico City doppelt so hoch wie in Deutschland.

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Den Armen in Mexico City ist der Zugang zu sauberem Wasser oft verwehrt, während die reichen Bevölkerungsgruppen Wasser im Überfluss verbrauchen.
Bildquelle: Paul Sableman; https://bit.ly/2ITtxKX

Die Hälfte des Trinkwassers kommt mehrere Hunderte Kilometer aus Quellen und Speicherseen in die Stadt, der andere Teil entstammt dem unterirdischen Grundwasser, welcher Mexico-City jedoch nur noch ein paar Jahre versorgen kann. Nur 13 % der Abwässer werden geklärt, der Rest fließt in den Nachbarstaat Hidalgo. Das Wasser ist mit Industriechemikalien belastet und sorgt dort neben Haut- und Atemwegserkrankungen auch für Krebsleiden unter der Bevölkerung (Quelle: taz.de)

Um die Umweltprobleme weiter einzudämmen, wird es wichtig sein, den öffentlichen Personennahverkehr noch weiter auszubauen, und mehr Menschen zum Verzicht auf das Pendeln mit dem Auto zu bewegen. Außerdem müssen neben einer Senkung des Wasserverbrauchs dringend Investitionen in die Abwasseraufbereitung und die Kanalisation erfolgen, um die Effizienz der Wasserversorgung angesichts einer weiter steigenden Bevölkerungszahl zu erhöhen.

Kopenhagen, Dänemark

Bevölkerungszahl 2015: 1,3 Millionen
Bevölkerungszahl 2100: 1,3 Millionen
Bevölkerungszuwachs 2015 bis 2100: +/- 0 Millionen
BIP pro Kopf Dänemark 2017: 56.444 USD (#10)

Vor dem Hintergrund sinkender Geburtenraten und einer alternden Gesellschaft wird davon ausgegangen, dass die europäischen Großstädte in der Zukunft kaum wachsen oder die Bevölkerungszahlen sogar sinken – vorausgesetzt es kommt zu keinen unerwarteten Immigrationsströmen.

Angesichts des hohen Ressourcenverbrauchs kann der Fokus europäischer Städte daher auf Umweltfragen liegen. Kopenhagen hat es sich zum Ziel gesetzt, bis 2025 CO2-neutral zu sein. Um das Ziel zu erreichen, sollen Fahrrad- und Fußgängerwege sowie der Öffentliche Nahverkehr weiter ausgebaut werden. Außerdem soll der Kohlenstoffdioxidausstoß von Bussen, Zügen und U-Bahnen noch weiter gesenkt werden. Darüber hinaus sieht die Stadt Einsparpotentiale im Gebäudebereich (Quelle: co2online.de).

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Kopenhagen zählt zu den lebenswertesten Städten weltweit
John Anes, https://bit.ly/2kvpuWy

Als attraktiver Standort für Unternehmen lockt Kopenhagen viele junge Arbeitnehmer an. Andere europäische Städte sehen sich dagegen durch den demographische Wandel einer zentralen Herausforderung des 21. Jahrhunderts ausgesetzt. Bis 2100 wird der Anteil der über 60-jährigen in Europa von 25 % heute auf 36 % steigen. Daher ist es für die Städte wichtig, die Schrumpfung zu akzeptieren und mit ihr umzugehen. Der Beitrag zeigt, welche Leitbilder des Stadtumbaus unter Schrumpfungsbedingungen existieren.

Im Gegensatz zu Mexico City und Kinshasa ist Kopenhagen in der privilegierten Lage, Optimierungen vornehmen und weiterhin für eine hohe Lebensqualität sorgen zu können. Man ist sich der Vorbildfunktion bewusst und möchte durch gezielte Programme, Ideen und Lösungen auch in Zukunft eine führende Position im Bereich der Nachhaltigkeit einnehmen.

Quellen

nach Reihenfolge im Text, Klick führt zur kompletten URL

https://www.theguardian.com/
https://de.wikipedia.org
http://www.taz.de/!5025163/
https://www.co2online.de
http://zeit.de