Grundwörter

Was sind Grundwörter?

Neben Bestimmungswörtern bestehen Namenszusammensetzungen von Siedlungsnamen auch aus den sog. „Grundwörtern“. Im Beispiel „Bergheim“ stellt das Suffix „–heim“ nun das Grundwort zu seinem Bestimmungswort „Berg“ dar.

Grundwörter als Hinweis für Personengruppen

Grundwörter können ebenso wie die Bestimmungswörter auf ansässige Personengruppen hinweisen. Hier muss jedoch beachtet werden, dass sie nicht selbst Aufschluss darüber geben, wie der Gründer oder Anführer des Ortes hieß. Die Endung „–ing“ mit all ihren Variationen („-ingen“, „-angen“, „-ungen“, „-engen“) heißt wörtlich so viel wie „bei den Leuten des…“.

Der Ortsname „Sigmaringen“ lautet also ausgesprochen „bei den Leuten des Sigmar“, Bobingen „bei den Leuten des Bobo“ (vgl. Berger 1999, S. 63). Es kommen auch entsprechende Bildungen mit Flussnamen und Ortsangaben in diesem Zusammenhang vor. Elbingen heißt demnach wörtlich „bei den am Fluss Elb wohnenden Leuten“, Holzingen so viel wie „bei den Leuten im Holz“ (d.h. im Wald).

Diese Art der Namensgebung war zu Zeit der Völkerwanderung (von 375 bis 568) weit verbreitet. In Bayern wurde „-ingen“ im 12. und 13. Jahrhundert teilweise zu „-ing“ (z.B.: Freising, Garching) (vgl. Berger 1999, S. 154). Das slawische Äquivalent wäre die Endung „-ici“. So ist das heutige Schleiz (Thüringen), abgeleitet vom slawischen „Slavici“ („bei den Leuten des Slava“).

Ortsbezeichnungen in Grundwörtern

Ortsbezeichnungen finden auch eine sehr häufige Verwendung in den Grundwörtern. Sie sind zu jeder Zeit und an jedem Ort entstanden, der ein auffälliges Merkmal hatte. Aufgrund der hohen Fülle dieser Suffixe wird hier nur auf die acht wichtigsten eingegangen. So weist die Endung „-ach“ auf Pflanzen- oder Baumkollektive hin. Sie entstammt dem ahd. „-ahi“ (vgl. Berger 1999, S. 34). Als Beispiel wäre hier die Stadt „Aichach“ zu nennen, die, auf einen nahen Eichenwald zurückzuführen ist.

Das „Gegenstück“ dazu sind die Siedlungen auf „-rode“, „-rade“, „-ried“ und „-reuth“ (z.B.: Bayreuth, Walsrode). Diese Orte entstanden zumeist während den Waldrodungen ab dem 11. Jahrhundert. Namen auf „-rod“ oder „-rode“ treten vor allem im Rheinland, in Hessen und in Thüringen auf, wohingegen man die Endungen „-ried“ und „-reuth“ hauptsächlich im bayrischen Raum antrifft (vgl. Berger 1999, S. 242). Die Suffixe „-bach“, „-beck“ und „-wasser“ geben nun an, dass der Ort an einem (meist gleichnamigen) Gewässer liegt (vgl. Berger 1999, S. 50). So liegt der Ort „Krumbach“ am gleichnamigen „Krumbächle“ oder „Kühbach“ (nördlich von Aichach) am „Kühbächle“.

Dass Wasser eine große Signifikanz bei der Wahl von Grundwörtern hat sieht man auch an den Endungen „-born“ und „-brunn“ bzw.  „-furt“ und „-fort“. Sie lassen durchblicken, dass es an jener Siedlung einen Brunnen (z.B.: Paderborn, Königsbrunn) bzw. eine Furt (z.B.: Frankfurt) gab. Steinfurt ist also der Ort der „an der mit Steinen gesicherten Furt“. Simultan verhält sich bei „-brück“ und „-brügg“. Dort war eine Brücke der Anlass der Namensgebung (vgl. Berger 1999, S. 73). Häufig findet man auch Orte, die auf „-berg“ (z.B.: Landsberg) oder „-burg“ (z.B.: Coburg) enden. Bei diesen Siedlungen kann man davon ausgehen, dass sie „hoch, erhaben“ (Berger 1999, S. 58) liegen bzw. eine „befestigte Höhe“ (Berger 1999, S. 58) sind. Nicht immer befindet oder befand sich jedoch auch eine Burg im klassischen Sinne an dieser Stelle. So hat Augsburg seinen Namen lediglich durch noch sichtbare Mauerreste erhalten.

Die Veste Coburg ist Namensgeber für die Stadt Coburg in Oberfranken (Photo by David Stamm on Unsplash)

Ein weiteres wichtiges Merkmal eines Ortes ist auch oftmals dessen Kirche. Daher ist es nicht verwunderlich, dass viele Siedlungsnamen auf „-kirch“ (z.B.: Leutkirch), „-kirchen“ (z.B.: Neukirchen, Pfarrkirchen) oder „-kerken“ enden (vgl. Berger 1999, S. 163).

Weitere Grundwörter

Weitere häufige Suffixe sind „-dorf“ (z.B.: Diedorf, Marktobersdorf) mit allen Variationen („-druf“, „-dorp“, „-trop“,„-trup“). Sie bezeichnen ebenso wie „-hofen“ eine bäuerliche Siedlung (vgl. Berger 1999, S. 147). Gersthofen heißt also wörtlich „bei den Höfen des Gerfred“ (vgl. Berger 1999, S. 122). Die Endung „-heim“ deutet auf eine bestehende Siedlung hin. Als Beispiele sind hier die Orte Mannheim und Bochum zu nennen.

Häufigkeit bestimmter Grundwörter

Von allen 108.609 Postleitzahl-bewerteten Orten in Deutschland stellen die Ortsnamen mit Bauten und Bauwerken betreffenden Termini mit 30,44% den größten Anteil. Das entspricht 33.062 Siedlungen.

Ortsnamen aus slawischen Termini lassen sich hauptsächlich im Osten Deutschlands finden. Sie setzen sich zusammen aus 1.930 Siedlungen mit dem Suffix „-itz“, 1250 auf „-ow“ und 75 auf Winden oder Wenden. Grundwörter kirchlicher Herkunft wie „-kirchen“ oder „-münster“ kommen in Deutschland noch 1.344-mal vor (vgl. Haefs 2006, S. 107/108). Unter die Rubrik „Rest“ fallen alle bisher noch nicht in dieser Einteilung erfassten Grundwörter. Das wären zum Beispiel die Endungen „-leben“, „-stadt“ oder „-ing“.

Vorkommen der Grundwörter in Deutschland

Die Karte von Moritz Stefaner aus dem Jahr 2016 zeigt, in welchen Regionen welche Grundwörter verbreitet sind.

Quelle

Berger, D. (1999): Geographische Namen in Deutschland. 2. überarb. Aufl., Mannheim. Haefs, H. (2006): Handbuch zur Kunde deutschsprachiger Ortsnamen in den Grenzen des Alten Reichs um 1300. Norderstedt.

Moritz Stefaner, 2016. https://truth-and-beauty.net/experiments/ach-ingen-zell/